Mein erster Eindruck? Grossartig. Für mich hat Finnland eigentlich schon begonnen, bevor ich überhaupt in die Fähre eingestiegen bin.
In der Schlange beim Einbooten traf ich auf Matti. Er kehrte gerade von seiner Velotour durch Estland heim. Er kannte die Fähre gut und führte mich kurz aufs Deck, bevor er sich verabschiedete, da er die Fahrt mitsamt Nachtessen gebucht hat. Bevor er aber verschwand, erklärte er mir noch den Sinn dieser Fähre: Nebst dem Transport von Personen dient sie auch dazu, denselbigen ihr Geld aus den Taschen zu ziehen und ihnen im Gegenzug die Überfahrt mittels ausreichlicher Mengen an Alkohol so angenehm wie möglich zu gestalten. Echte Finnen erkenne man daher auch daran, dass sie mindestens bei der Ankunft sternhagel dicht sind. Mehr oder weniger. Das kommt so, dass alkoholhaltige Getränke in Estland massiv billiger sind und viele einen Einkaufsbummel auf der anderen Meeresseite machen.
Als ich also so an meinem Tisch am hinteren Teil des Decks sass, gesellten sich zwei solcher Bummler dazu. Ich erkannte sie sofort an den schweren Taschen und der Flasche Champagner in ihren Händen. Sie erklärten mir schnell den Zweck ihrer Reise und wiederholten Matti’s Geschichte. Kurze Zeit später spendierten Vera und Maria mir ein Bier und ein Glas aus der zweiten Flasche Champagner. Schliesslich hatten sie ja Ferien und das musste gefeiert werden… Und auch Matti kam nach dem Znacht wieder aufs Deck und so hatten wir zu Viert eine sehr vergnügte Zeit auf der Fähre – ganz nach Finnländischer Art.
Am Abend durfte ich bei Warmshowerin Taina übernachten. Sie selber war ebenfalls auf Velotour und so führte mich Co-Warmshowerin Solja durch die Wohnung. Sehr unkompliziert, diese Finnen. Also mir gefällts…
Den folgenden Tag verbrachte in der Stadt. Kein Vergleich zu Tallinn. Viel grösser und lebendiger.
Als erstes sah ich mir die Eisbrecher von nahem an, welche mir abends zuvor Matti kurz zeigte. Sehr beeindruckend, diese gewaltigen Schiffe…
Ich besuchte am Nachmittag ein kostenloses Konzert von Musikstudenten der hiesigen Musikhochschule. Diese finden täglich statt und gehen je nach dem von klassischer Musik über Pop / Rock bis hin zu alternativen, sphärischen Klängen. Ich war nach kurzem Googeln und einem Ausschnitt auf Youtube zwar recht skeptisch, gab der Sache aber eine Chance. Schliesslich gehört ein zu einer guten Velotour auch ein anständiges klassisches Konzert dazu (wie dazumal in der Elb-Philharmonie oder jenes der Wiener Philharmoniker). Nach knapp 10 Minuten elektronischem Bumbum flüchte ich nach draussen zum wohltönenden Verkehrs- und Baustellenlärm. Das war wohl nix, doch ich habe die Hoffnung auf ein schönes Konzert noch nicht aufgegeben…